Dr. Cornelie Becker-Lamers, Weimar, schreibt über die Ausstellung “Renaissance” von Wolfgang Nickel
”Wolfgang Nickel wurde 1960 in Schmalkaden geboren. Von 1982 bis 1987 studierte er an der Hochschule für Kunst und Design, Burg Giebichenstein, Halle, Malerei/Grafik. Seit 1987 ist er freischaffend tätig. 1990 wandte er sich der Glaskunst zu. Er gestaltete mehrere Kirchen, unter anderem die Kirche Schmalkalden-Weidebrunn, die St. Trinitatiskirche Unterellen, die Michaeliskirche in Erfurt. Zu seinen Objekten gehören das Standesamt Schmalkalden, das Justizzentrum Meiningen, das Kreiskrankenhaus Ilmenau und die Kliniken des Wetteraukreises Frankfurt/Friedberg
Für seine aktuelle Ausstellung im Schloss Wilhelmsburg – dem Renaissance-Schloss hoch über der Stadt Schmalkalden – hat Wolfgang Nickel seine neuesten Arbeiten unter das Thema „Renaissance“ gestellt. Er wendet sich mit diesen Arbeiten wiederholt der Zeichenkunst zu, die er in den 1980er Jahren im Rahmen seines Studiums im Fach Malerei und Graphik der Burg Giebichenstein Halle perfektionierte. Damit verknüpft schon die Wahl der künstlerischen Mittel die bildlichen Inhalte mit dem Arbeitsthema: Es geht um Bewahrung und Wiedergewinn. Um Bewahrung und Wiedergewinn nicht nur von Bildinhalten, sondern auch von künstlerischen Techniken, die derzeit in der künstlerischen Ausbildung der deutschen Hochschulen allzu sehr an den Rand gedrängt scheinen.
Im Zuge des Wiedergewinns, der ja auch die Künstler der Renaissance (zu Deutsch „Wiedergeburt“) antrieb, zeichnet Wolfgang Nickel bekannte Portraits großer künstlerischer Vorläufer aus der Zeit um 1500 nach: Die Handschriften von Dürer und Michelangelo (beide Jahrgang 1475) sind für den Betrachter rasch identifizierbar.
Die Kenntlichkeit der Vorbilder ist Programm: Bewusst wählt Nickel Elemente des kulturellen Gedächtnisses aus, um sie für uns im neuen Kontext zu aktualisieren.
Der neue Kontext besteht in der Verbindung mehrerer künstlerischer Techniken, die Nickel beherrscht: Die Handzeichnungen werden nämlich mit der Glaskunst verbunden, indem sie hinter großen, mit Blattsilber oder Golddruck bearbeiteten Glasscheiben erscheinen. Neben einer Markierung der Wertigkeit, die mit der Rahmung durch Gold und Silber einhergeht, leistet Nickels Fortentwicklung seiner Vorbilder ein Übriges: Wer die Zeichnung betrachtet, spiegelt sich zugleich in ihrem Rahmen.
In der Platzierung der bildlich zitierten Portraits in spiegelnden Glasflächen überlagern sich für das Publikum Reflexion und Selbstreflexion. Im Betrachten und Wiedererkennen dieser Bilder geschieht eine Verortung des eigenen Selbst als kulturelle Identität.”